Erbfall! Was tun?
Der Tod gehört zum Leben dazu! So klar diese Erkenntnis auch ist, an Normalität ist nicht zu denken. Zu viele Gedanken gehen einem durch den Kopf. Die wollen jetzt geordnet werden.
Trotz der individuellen Situation eines jeden Trauerfalles sollen anhand immer wieder gestellter Fragen einige Grundlagen erörtert werden. Hierbei stehen praktische Überlegungen im Vordergrund.
- Wem steht die Totenfürsorge zu?
- Wer trägt die Kosten der Bestattung?
- Wer ist Erbe?
- Wo werden letztwillige Verfügungen aufbewahrt?
- Was gilt, wenn keine letztwillige Verfügung errichtet wurde?
- Was bedeutet eine Erbengemeinschaft?
- Soll die Erbschaft ausgeschlagen werden?
- Ist ein Erbschein erforderlich?
- Wer hat einen Pflichtteilsanspruch und wovon?
- Benötige ich einen Anwalt?
Wem steht die Totenfürsorge zu?
Bevor es um die eigentliche Nachlassabwicklung geht, kann sich bereits die Frage stellen, wem die Totenfürsorge zusteht.
Grundsätzlich kann der Verstorbene Art, Ort und Umfang der Bestattung vorgeben, wie er auch bestimmen kann, wer die Bestattung durchführen soll, daher die Totenfürsorge inne hat. Dies muss nicht zwingend der Erbe sein!
Kann der Wille des Verstorbenen nicht ermittelt werden, wird regelmäßig das Recht der Totenfürsorge aus der öffentlich rechtlichen Bestattungspflicht — geregelt im Bestattungsgesetz des jeweiligen Bundeslandes — hergeleitet.
Danach besteht ein Rangverhältnis bei den bestattungspflichtigen Personen (für Berlin und Brandenburg gilt: Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner vor den volljährigen Kindern und Eltern).
Wer trägt die Kosten der Bestattung?
Grundsätzlich tragen die Bestattungskosten der oder die Erben als Nachlassverbindlichkeit nach § 1967 BGB
Wenn ein anderer als der Erbe die Bestattung beauftragt und bezahlt hat, dann hat dieser regelmäßig einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber den Erben. Problematisch wird es dann, wenn diese Person nicht zur Totenfürsorge berechtigt war.
Ein anderes Problem stellt sich ferner, wenn das Sozialamt die Bestattung veranlasst und bezahlt hat. Dies wird in der Regel dann der Fall sein, wenn der Erbe unbekannt und/oder der Nachlass nicht ausreichend bzw. überschuldet ist.
Für die Kostenerstattung wendet sich das Sozialamt im Zweifelsfall an die Personen, die nach dem Bestattungsgesetz des jeweiligen Bundeslandes bestattungspflichtig sind. Auch hier gilt das Rangverhältnis.
Wer ist Erbe?
Erbe ist der, der als Erbe berufen ist. Hierbei gilt, dass die gesetzliche Erbfolge nur dann zum Zuge kommt, wenn der Erblasser keine letztwillige Verfügung hinterlassen, daher kein Erbvertrag oder Testament errichtet hat.
Dem Erblasser steht es daher grundsätzlich frei, über sein Vermögen zu verfügen und hierbei seine gesetzlichen Erben zu enterben (§1938 BGB).
Wo werden letztwillige Verfügungen aufbewahrt?
Regelmäßig werden eigenhändige Testamente zu Hause aufbewahrt, auch die, die später nicht mehr aufgefunden werden. Alle aufgefundenen Testamente sind mit dem Erbfall unverzüglich beim Nachlassgericht zwecks Eröffnung abzuliefern.
Während notarielle Testamente und Erbverträge regelmäßig beim Nachlassgericht verwahrt werden, können eigenhändige Testamente in die amtliche Verwahrung des Nachlassgerichts gegeben werden. Für die Verwahrung wird einmalig eine Pauschalgebühr von 75,00 € erhoben. Seit Beginn des Jahres 2012 wird eine zentrale Testamentskartei bei der Bundesnotarkammer in Berlin geführt. Auch wenn dort keine letztwilligen Verfügungen verwahrt werden, so wird über diese Zentralkartei sichergestellt, dass alle beim Nachlassgericht (dies können örtlich unterschiedliche Nachlassgerichte sein) verwahrten letztwilligen Verfügungen eröffnet werden.
In der Praxis erhalten die Beteiligten den sie betreffenden Inhalt der Verfügung von Todes wegen in Kopie übersandt, versehen mit einem Eröffnungsvermerk. Auch die gesetzlichen Erben, die ohne letztwillige Verfügung zum Zuge gekommen wären, erhalten Kenntnis.
Im Nachgang hierzu erhalten der oder die Erben regelmäßig einen Vordruck übermittelt, in welchem Aktiva und Passiva des Nachlasses anzugeben sind. Die Angaben dienen zur Wertermittlung, um danach ausschließlich die Kosten für die Eröffnung der letztwilligen Verfügung zu bestimmen, ggf. auch für eine spätere Erbscheinserteilung.
Hinweis! Das Nachlassgericht wird bis auf die Eröffnung einer letztwilligen Verfügung, die von Amts wegen zu erfolgen hat, ohne Antrag nicht weiter tätig.
Was gilt, wenn keine letztwillige Verfügung errichtet wurde?
In diesem Fall gilt die gesetzliche Erbfolgeregelung der §§ 1924 ff BGB. Geerbt wird innerhalb der Verwandten nach Erbordnungen (das Gesetz stellt über die 4. Ordnung hinaus noch auf fernere Ordnungen ab).
Hierbei gilt, dass ein Verwandter nicht zur Erbfolge berufen ist, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist. Innerhalb derselben Erbordnung wird nach Stämmen geerbt. Dies bedeutet z. B. für die 1. Ordnung, dass bei mehreren Kindern des Erblassers jedes Kind einen Stamm repräsentiert.
Da der Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner nach dem Partnerschaftsgesetz kein Verwandter ist, gilt ein gesondertes gesetzliches Erbrecht des Ehegatten.
Beispiel - Ehepaar mit zwei Kindern: Der überlebende Ehegatte erbt neben den Kindern (Erben 1. Ordnung) ein Viertel. Ein weiteres Viertel erhält der Ehegatte, wenn zwischen den Eheleuten eine Zugewinngemeinschaft bestand (die Zugewinngemeinschaft ist in der Praxis die Regel, wenn nicht zuvor durch Ehevertrag ein anderes Güterrecht bestimmt wurde). Jedes Kind erhält 1/4 Erbanteil.
Lösung: Ehegatte ½ Erbanteil, Kinder jeweils ¼
Was bedeutet eine Erbengemeinschaft?
Pessimistisch ausgedrückt, nichts Gutes. Eine Erbengemeinschaft ist eine Zwangsgemeinschaft, die nach dem gesetzlichen Leitbild auf Auseinandersetzung gerichtet ist.
Sie ist deshalb eine Zwangsgemeinschaft, da der Erblasser es allein in der Hand hat, mehrere Erben einzusetzen. Auch und insbesondere bei der gesetzlichen Erbfolge kann eine Erbengemeinschaft entstehen.
So beispielsweise, wenn Kinder aus erster Ehe mit dem neuen Ehegatten und möglicherweise mit weiteren Kindern aus dieser Ehe zusammentreffen. Denkbar ist auch das Zusammentreffen der Eltern des Erblassers mit dem Ehegatten, wenn die Ehe kinderlos blieb.
Die Zufälligkeit für das Entstehen einer solchen Gemeinschaft (Zufallsgemeinschaft) mit unterschiedlichen Interessen der Beteiligten führt in der Praxis nicht selten zu Streitigkeiten.
Denkbare Fragen:
- Wer entscheidet, was bei einer Wohnungsauflösung mit dem Hausrat passiert?
- Kann der Miterbe den Wohnungsmietvertrag oder andere Verträge alleine wirksam kündigen?
- Kann ein Miterbe einzelne Nachlassgegenstände alleine verkaufen?
- Bleibt eine Vollmacht bestehen, die der Verstorbene über den Tod hinaus einem der Miterben erteilte?
- Kann sich ein Miterbe mit einem höheren Erbanteil aus dem Nachlass Gegenstände aussuchen?
- Wie wird der Nachlass bestehend aus: Hausrat, Münzsammlung, Immobilien, Wertpapieren und Bargeld aufgeteilt?
Dies sind nur einige wenige Fragen, die sich bei einer bestehenden Erbengemeinschaft stellen können.
Soll die Erbschaft ausgeschlagen werden?
Ob eine Erbschaft auszuschlagen ist, bedarf der sorgfältigen Prüfung. Dies kann bei zweifelsfreier Überschuldung des Nachlasses geboten sein, oder allein aus taktisch/ ökonomischen Gesichtspunkten.
Ist beispielsweise erst später eine Überschuldung des Nachlasses feststellbar und eine Ausschlagung, hilfsweise eine Anfechtung nicht mehr möglich, dann sind Maßnahmen einer Haftungsbeschränkung einzuleiten.
Generell gilt für die Ausschlagung, dass diese binnen sechs Wochen nach Kenntnis vom Erbfall und dem Berufungsgrund in öffentlich beglaubigter Form gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht (letzter Wohnsitz des Erblassers oder Wohnsitz des Ausschlagenden) zu erklären ist.
Eine in der Praxis sehr kurze Frist!
Ist ein Erbschein erforderlich?
Regelmäßig ist dieser in der Praxis zur Vorlage bei Banken und für die Berichtigung des Grundbuchs erforderlich.
Im Einzelfall kann dieser entbehrlich sein, wenn der Erblasser bereits zu Lebzeiten geeignete Vorkehrungen getroffen hat (bspw. durch bankeigene Vollmachten über den Tod hinaus, durch notarielles Testament).
Dies ist im Einzelfall zu prüfen, auch und insbesondere die Legitimation gegenüber Banken und Versicherungen. Dies können im Einzelfall auch eröffnete letztwillige Verfügungen sein.
Wer hat einen Pflichtteilsanspruch und wovon?
Der Pflichtteil steht demjenigen zu, der vom Erblasser enterbt wurde. Enterbt kann nur der gesetzliche Erbe werden, der nach Gesetz als Erbe berufen ist (gesetzliche Erbfolge).
Pflichtteilsberechtigte sind die Abkömmlinge, die Eltern des Erblassers sowie der Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner. Der Pflichtteil kann nur unter engen Voraussetzungen entfallen oder entzogen werden. Dieser besteht in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils und ist nur auf eine Geldzahlung gerichtet. Berechnungsgröße ist der bereinigte Nachlasswert.
Damit der Pflichtteilsberechtigte den Nachlasswert berechnen kann, hat dieser einen Auskunftsanspruch gegen den Erben. Die Geltendmachung und ggf. Durchsetzung eines solchen Auskunftsanspruchs ist in der Praxis äußerst streitträchtig.
Während der Erbe an der gesetzlichen Pflichtteilsquote nichts ändern kann, ist für ihn durchaus ein Anreiz gegeben, nicht alle Informationen dem Pflichtteilsberechtigen mitzuteilen.
Dies impliziert insbesondere Sachverhalte zu Schenkungen, die der Erblasser in den letzten 10 Jahren und darüber hinaus vor dem Erbfall getätigt hat. Schenkungen oder auch gemischte Schenkungen können als fiktiver Nachlasswert für einen Pflichtteilsergänzungsanspruch herangezogen werden.
Benötige ich einen Anwalt?
Dies kann nicht pauschal beantwortet werden. Allerdings gebietet die Komplexität des Erbrechts in der Regel den Beistand eines fachkompetenten Anwalts.
Damit der Pflichtteilsberechtigte den Nachlasswert berechnen kann, hat dieser einen Auskunftsanspruch gegen den Erben. Die Geltendmachung und ggf. Durchsetzung eines solchen Auskunftsanspruchs ist in der Praxis äußerst streitträchtig.
Während der Erbe an der gesetzlichen Pflichtteilsquote nichts ändern kann, ist für ihn durchaus ein Anreiz gegeben, nicht alle Informationen dem Pflichtteilsberechtigen mitzuteilen.
Dies impliziert insbesondere Sachverhalte zu Schenkungen, die der Erblasser in den letzten 10 Jahren und darüber hinaus vor dem Erbfall getätigt hat. Schenkungen oder auch gemischte Schenkungen können als fiktiver Nachlasswert für einen Pflichtteilsergänzungsanspruch herangezogen werden.